Geschichte der Logistik

Aus Lager- & Logistik-Wiki
Version vom 27. Dezember 2006, 21:43 Uhr von Dr Jekyll (Diskussion | Beiträge)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Geschichte der Logistik

Begriffsentstehung

Der byzantinische Kaiser Leontos VI (886 - 911 n. Chr.) verfasste ca.900 n. Chr. die erste, heute bekannte Definition der (milit�rischen) Logistik im Rahmen seines Werkes "Summarische Auseinandersetzung der Kriegskunst", das unter der Bezeichnung der "Leoninischen milit�rischen Institute" bekannt geworden ist. Im Einzelnen schreibt er etwa:"Sache der Logistik ist es, das Heer zu besolden, sachgem�� zu bewaffnen und zu gliedern, es mit Gesch�tz und Kriegsger�t auszustatten, rechtzeitig und hinl�nglich f�r seine Bed�rfnisse zu sorgen und jeden Akt des Feldzugs entsprechend vorzubereiten, d.h. Raum und Zeit zu berechnen, das Gel�nde in Bezug auf die Heeresbewegungen sowie des Gegners Widerstandskraft richtig zu sch�tzen und diesen Funktionen gem�� die Bewegung und Verteilung der eigenen Streitkr�fte zu regeln und anzuordnen, mit einem Wort zu disponieren". Das altgriechische Wort "Logistik�" hei�t �bersetzt "praktische Rechenkunst". Der Bergriff Logistik geht vermutlich auf das franz�sische Wort "logistique" zur�ck, das sich an den Begriff "logis" (Quartier) anlehnt. Eine einheitliche Abgrenzung konnte bisher jedoch nicht gefunden werden. historische Logistikriesen East India Company

Im Jahr 1600 unterzeichnet K�nigin Elisabeth I. in London die Gr�ndungsurkunde f�r eine englische Handelskompanie zur See. Die Mitglieder sollen dorthin segeln, "wo der Pfeffer w�chst" und begehrte Rohstoffe nach Hause bringen. Daf�r erhielten sie die Unterst�tzung der Regentin. Die Gesellschaft wurde als "The Governor and Company of Merchants of London Trading into the East Indies" von einer Gruppe unternehmungslustiger und einflussreicher Gesch�ftsm�nner gegr�ndet, die einen k�niglichen Freibrief mit einem exklusivem Recht zum Handel mit Indien f�r eine Dauer von 15 Jahren erhielt. Die Kompanie hatte 125 Anteilseigner und ein Grundkapital von 72.000 Pfund. Auf dem indischen Subkontinent und in Asien gr�ndet die so genannte East India Company zahlreiche Niederlassungen. Die Docklands in London avancieren zum Umschlagplatz. Die Flotte verschifft Opium nach China, Baumwolle nach Japan, Kaffee nach Indien, Gew�rze nach Amerika. Die Lader�ume der R�ckkehrer sind gef�llt mit Zimt, Muskat und Nelken aus S�dostasien, mit Seide, Porzellan und Tee aus dem Reich der Mitte. Die Kompanie kontrolliert die H�lfte des Welthandels und ein Viertel der Erdbev�lkerung. Sie ist die gr��te multinational operierende Firma jener Epoche. Die Hanse

Als deutsche H�ndler um 1100 n. Chr. versuchten im nordeurop�ischen Handel Fu� zu fassen, trafen sie auf hartn�ckige Konkurrenz. Die Skandinavier reisten auf den Routen ihrer Vorfahren. K�lner H�ndler hatten sich in England zahlreiche Privilegien gesichert, u.a. das Recht im ganzen Land Waren zu vertreiben, und ein eigenes Handelshaus, die Gildehalle, erworben. Diese K�lner Kaufleute waren es die sich zur ersten bekannten Hanse zusammenschlossen. Gegr�ndet zur gegenseitigen Unterst�tzung und zum Schutz vor z.B. Wegelagerern und Piraten. Dieser Hanse schlossen sich immer mehr Kaufleute und schliesslich auch St�dte an, sodass gegen ende des 13. Jahrhunderts die meisten Handelsgilden und St�dte vom Niederrhein bis zum Baltikum angeh�rten. Seit dem Vertrag von 1280 zwischen L�beck, Visby und Riga verprechen sich nicht mehr Kaufleute gegenseitigen Schutz sondern die St�dte. Der langsame Wandel vom zusammenschluss einzelner Handelsgilden �ber Kaufmannshansen hin zu der St�dtehanse vollzog sich. Nach der erfolgreichen Handelsblockade gegen Norwegen 1284-85 in deren folge dem Hansebund weitreichende Privilegien zuteil wurden wuchs der Einfluss der Hanse in Europa stetig. W�hrend in der zweiten H�lfte des 14. Jahrhunderts die Hanse eine Vormachtsstellung inne hat, findet der erste "Hansetag" 1356 statt. Der Hanse geh�ren zu diesem Zeitpunkt ungef�hr 200 St�dte an. Thurn und Taxis

Der Habsburger Kaiser Maximilian beauftragte 1495 Franz von Taxis mit der Auslieferung der Reichspost innerhalb des Heiligen R�mischen Reichs Deutscher Nation. In diesem Zusammenhang wird das Staffelsystem und feste Linien bei der Bef�rderung von Waren zum ersten mal genannt. Es gab zum Beispiel feste Linien von Br�ssel �ber Wien nach Venedig und eine Linie von K�ln �ber N�rnberg nach Prag. Das war der Beginn der Entstehung eines internationalen Postwesens. Als Sitz w�hlte die Familie Br�ssel. Ab 1615 waren die Thurn und Taxis Reichserbgeneralpostmeister. Die Entwicklung der (milit�rischen) Logistik

Vor mehr als 150 Jahren identifizierte der preu�ische Stratege Carl von Clausewitz in seinem Standardwerk "Vom Kriege" vier M�glichkeiten, um die Verpflegung der Soldaten sicherzustellen. Die Ern�hrung durch den Wirt, durch Beitreibungen, welche die Truppen selbst besorgen, durch allgemeine Ausschreibungen und durch Magazine. Unter "Ern�hrung durch den Wirt" versteht Clausewitz, dass das Milit�r durch den jeweiligen Stationierungsort, also eine Stadt oder eine Burg, versorgt wird. Seiner Meinung nach kann eine Stadt f�r einige Tage leicht das Drei- bis Vierfache der Bev�lkerung versorgen. Alle notwendigen G�ter sind unter den Einwohnern - im Zweifelsfall sogar unter Waffeneinsatz - zu requirieren. Unter "Beitreibungen" versteht Clausewitz, dass sich die Requirierung von Vorr�ten nicht nur auf den Stationierungsort, sondern auch auf die Umgebung erstreckt. Kritisch ist hierbei jedoch, dass vor allem das Transportproblem diese Form der Proviantierung nicht ganz einfach macht. Etwas zivilisierter mutet die dritte Variante der "allgemeinen Ausschreibungen" an: "Es soll nicht mehr der Vorrat gewaltsam genommen werden, wo er sich gerade findet, sondern vermittelst einer vern�nftigen Verteilung ordnungsm��ig geliefert werden." Clausewitz �bertr�gt hierbei die Verantwortung f�r die Sicherstellung der Versorgung auf die Landesbeh�rden. Diese vergeben Auftr�ge oder erlassen staatliche Abgabevorschriften an Manufakturen und Bauern. Das Milit�r versorgt sich also nicht mehr selbst, sondern nutzt die vorhandenen zivilen Kapazit�ten. Die vierte Variante bezeichnet Clausewitz als "Unterhalt aus Magazinen". Hierbei bildet das Milit�r schon vorausschauend Depots mit den notwendigen Waren, um f�r eine gewisse Zeit unabh�ngig operieren zu k�nnen. Die gro�en Fl�chenstaaten, z.B. Frankreich und Spanien, hatten sich zu politisch, geographisch und wirtschaftlich geschlossenen L�ndern entwickelt. Milit�rische Konflikte waren im Regelfall nur an den Grenzen des jeweiligen Landes zu erwarten. F�r diese Krisenregionen bedeutete dies eine besondere Belastung. Schon eine Armee von 40.000 Fu�soldaten und 20.000 Reitern ben�tigte t�glich alleine rund 300 Tonnen Brot und Futter. Gro�e Massenheere, wie zum Beispiel die 120.000 Soldaten, die Wallenstein im Jahr 1633 gegen das Schwedische Heer aufbrachte, erforderten Nachschub in ganz anderen Dimensionen. Materialien, wie Schie�pulver, Munition und nat�rlich Kanonen und Schusswaffen mussten an die Front Transportiert werden. Es reichte nicht mehr aus das n�tige aus der unmtittelbaren Umgebung des Heeres zu aquirieren. Das Magazinsystem basiert auf dem Prinzip der Bevorratung. Nahrungsmittel, Kleidung, Waffen, Munition und alle anderen G�ter, die eine Armee zum Funktionieren braucht, werden zu Friedenszeiten in zentrale Lager verbracht und dort eingelagert. Bauern und Manufakturen werden f�r die Erbringung der notwendigen Lieferungen entweder bezahlt oder durch staatliche Abgabeverordnungen verpflichtet. Die Organisation der Bevorratung obliegt Beamten, die anhand von Sch�tzungen und planerischer Vorausberechnungen die notwendigen Vorr�te beziffern. Im Kriegsfall werden die Heerstruppen aus den jeweils n�chsten Magazinen versorgt. Im Feindesland dienen provisorische Feldlager als Zwischendepot, um den Warenumschlag zu erleichtern. Die Best�nde der frontnahen Magazine werden wiederum durch weiter entfernte Depots und die laufenden Lieferungen durch Bauern und Manufakturen aufgef�llt. Nicht �bersehen darf man in diesem Zusammenhang den enorm hohen Transportaufwand zwischen den einzelnen Magazinen und den aktiven Heerestruppen. Treibende Kraft hinter dem Ausbau der Transportinfrastruktur war daher h�ufig das Milit�r. Die r�mischen Stra�en, das napoleonische Chausseenetz oder die preu�ischen Eisenbahnen, sie alle entstanden vor allem auch zur Verbesserung und Beschleunigung der Nachschubwege zwischen den �berall im Land verteilten Nachschubdepots und Kasernen. Eine der ersten organisatorischen Leistungen hin zur Schaffung einer eigenst�ndigen Logistik bestand darin, dass bewaffnete Truppen und Tross getrennt wurden. Zur Sicherstellung der Rundumversorgung der Soldaten wurden separate Einheiten geschaffen, die sich mit der Planung und der Durchf�hrung der Logistik besch�ftigten. Aufgrund der gro�en r�umlichen Ausdehnung der milit�rischen Konflikte im Zweiten Weltkrieg ergaben sich Versorgungsprobleme, die zur Entwicklung von Methoden und Techniken f�r eine bedarfsgerechte Bereitstellung f�hrten. Die Logistik gewann eine entscheidende Bedeutung. der Schweizer General Antoine-Henri Jomini (1779-1869) postulierte eine Gleichstellung der Logistik mit Strategie und Taktik und f�hrte den Begriff Logistik zur Bezeichnung aller f�r die milit�rische Versorgung notwendigen T�tigkeiten ein. Seine Ideen fanden jedoch kaum Geh�r. Eine Renaissance erfuhr der Begriff w�hrend der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts in den USA. Der amerikanische Flottenadmiral George Cyrus Thorpe (1875-1936) betrachtet die Logistik als eine Wissenschaft von einem in sich geschlossenen Ganzen als einem besonderen Zweig der Kriegf�hrung, der eine gro�e Anzahl von T�tigkeiten (wie Nachschub und Transport, Ingenieurwesen, Unterhalt, Sanit�t, Verwaltung und anderen logistischen Aspekten) umfasst. In der moderneren Definition verschiebt sich der Begriff Logistik immer mehr hin zu einer Transportfunktion. Logistik dient in diesem Fall als Bezeichnung f�r Material- und Informationsprozesse, die der Optimierung der Raum�berwindung und Zeit�berbr�ckung sowie der Minimierung der Lagerhaltung dienen.

Eine der anschaulichsten Definitionen des Begriffes Logistik (im betriebswirtschaftlichen Sinne) stammt von Prof. Dr. J�nemann. Nach seiner Formulierung hat die Logistik die Aufgabe

  1. die richtige Menge
  2. der richtigen Objekte (G�ter, Personen, Energie, Informationen)
  3. am richtigen Ort (Quelle oder Senke) im System
  4. zum richtigen Zeitpunkt
  5. in der richtigen Qualit�t
  6. zu den richtigen Kosten bereitzustellen.

Sie gew�hrleistet eine reibungslose Gestaltung des gesamten Material-, Wert- und Informationsflusses.